Keine Besserung in Sicht
Die Krise des Kapitalismus ist längst chronisch geworden. Die Verheerungen marktradikaler Krisenlösungen haben nicht nur in den Ländern Südeuropas prekäre Lebensbedingungen zum Alltag gemacht. Auch in Deutschland gehören Leih- und Zeitarbeit, Arbeitslosigkeit und Wohnungsnot seit Jahren zum sozialpolitischen Normalzustand. Zugleich schickt sich die EU an, außenpolitisch ihre Machtposition zu stärken. Im Kontext internationaler Bündnisse sichert sie mit Kriegen, Interventionen und Embargos die Logistik des Kapitalismus und geopolitische Machtinteressen – am Horn von Afrika, in Mali und in Syrien. In der Migrationspolitik der EU ist ebenfalls eine Militarisierung auszumachen, die sich im Einsatz von Kriegsschiffen, Drohnen und der Aufrüstung der Grenzschutzagentur FRONTEX äußert – aber auch in den Bündnissen mit libyschen Milizen, afrikanischen Autokratien und der türkischen Diktatur. Die Antwort auf Migration in die EU wird nicht zuletzt rassistisch formuliert. Die Salonfähigkeit rechten Denkens durchzieht staatliche Politik in Ungarn, Polen oder Österreich, lässt auch die sog. etablierten Parteien in Deutschland rassistische Migrations- und Abschiebegesetze verabschieden, äußert sich in unzähligen Demonstrationen rechter Bewegungen und mündet in rechtem Terror. Diese Entwicklungen finden auf lokalen Maßstabsebenen ihren Niederschlag, so auch in Fürth. Nach Jahren neonazistischer Aktivitäten und Anschläge, versucht mit PEGIDA ein vergleichsweise neuer rechter Akteur in Fürth Fuß zu fassen. Selbst wenn die rechte „Sekte“ zahlenmäßig harmlos ist – die Wahlerfolge der AfD zeigen, dass auch in Fürth nicht nur Toleranz und Weltoffenheit herrschen. Gleichzeitig forciert die Stadtregierung eine neoliberale Politik, die die Stadt im unternehmerischen Wettbewerb erfolgreicher machen soll. Der „Standort Fürth“ wird attraktiv gemacht und produziert damit zugleich Wohnungsnot und den Ausschluss vom städtischen Leben.
Doch während sich die neoliberale Politik in Europa, Deutschland und in Fürth weiter verschärft, werden ihre Folgen immer von Protest und Widerstand begleitet. Im Rahmen der G20-Proteste trugen Zehntausende ihre Wut und Kritik am kapitalistischen System auf die Straße – Woche für Woche demonstrieren Antirassist*innen gegen Rechte und Neonazis, kämpfen gegen Zwangsräumungen, für bezahlbaren Wohnraum, bessere Lohnarbeitsverhältnisse und für feministische Perspektiven. All diese Kämpfe verdeutlichen die Notwendigkeit, die Kritik und den Widerstand gegen prekäre Lebensbedingungen, Abschottung und Krieg antikapitalistisch zuzuspitzen und nationalistisches, rassistisches und sexistisches Denken offensiv zu attackieren. Seit 2009 gibt uns dies den Anlass für die antikapitalistische Vorabenddemo zum 1. Mai, mit der wir abseits unserer alltäglichen Kritik und Praxis die Perspektive einer Welt der Freien und Gleichen stärken wollen.
Es wird Krieg geführt
Seit Januar 2018 führt die Türkei einen brutalen Krieg gegen die kurdische YPJ/YPG im nordsyrischen Kanton Afrin. In der Koalition mit islamistischen Söldnern, die für unzählige Gräueltaten in Syrien verantwortlich sind, versucht die türkische Regierung nationalistische Stärke nach innen zu zeigen und ihre außenpolitische Machtposition weiter auszubauen. Sie führt in Afrin einen gezielten Krieg gegen die Zivilbevölkerung, zerstört beispielsweise die Trinkwasserversorgung und bombardiert Wohngebiete. Nach dem Einmarsch in Afrin plant die türkische Regierung bereits die nächsten Angriffe auf kurdische Gebiete in Syrien und dem Irak. Das demokratische Projekt, das die kurdische Bewegung in Nordsyrien (Rojava) umsetzt, wird damit zunehmend angegriffen: Mit dem Aufbau basisdemokratischer Rätestrukturen wird versucht, ein Gesellschaftsmodell zu etablieren, das sich positiv von den Autokratien der Region abhebt. Auf Grundlage sozial-ökologischer, selbstorganisierter, feministischer und radikal-demokratischer Prinzipien wird das Zusammenleben in Rojava – trotz religiöser oder ethnischer Konflikte – neu gedacht und in eine politische Praxis überführt. Während sich in Rojava so die Chance auf eine solidarische Gesellschaft bietet, geht die türkische Regierung weiter mit aller Härte gegen Journalist*innen, Oppositionelle und die kurdische Bewegung vor. Sie werden an ihrer Arbeit gehindert, inhaftiert und zu lebenslangen Haftstrafen unter erschwerten Bedingungen (Isolationshaft, Folter) verurteilt. Und Deutschland zeigt sich als williger Erfüllungsgehilfe der türkischen Politik. Immer härter schlägt die Repression gegen kurdische Aktivist*innen hierzulande zu, Demonstrationen, wie jüngst in Köln werden angegriffen und verboten und Symbole der Bewegung kriminalisiert (www.navdem.com und www.civaka-azad.org). Weiterhin liefert Deutschland Rüstungsgüter an die Türkei – wenn Profitraten im Mittelpunkt stehen, werden die Toten in Afrin in Kauf genommen. Der Aufbruch in Rojava wird so von geopolitischen Machtinteressen der Türkei, dem Flüchtlingsdeal der EU und deutschen Kapitalinteressen attackiert.
Diese sind es auch, die Deutschland mit kriegerischen Interventionen durchzusetzen versucht. Seit den 1990er Jahren hat sich der Aufgabenbereich der Bundeswehr erweitert. Ihr breiteres Handlungsfeld zielt neben Stabilitäts- und Bündnisinteressen unter anderem auf einen „freien und ungehinderten Welthandel sowie den freien Zugang zur Hohen See und zu natürlichen Ressourcen“ (verteidigungspolitische Richtlinien 2011). Die veränderten Anforderungen gehen mit der Anschaffung neuer Rüstungsgüter einher. Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen plant, die Rüstungsausgaben nach den NATO-Vorgaben auf 2% des Brutto-Inlands-Produkts anzuheben, was einer Verdopplung gleichkommen würde 1. Durch neue Aufgabenstellungen und die militärische Neuausrichtung ist die Bundeswehr zum Werkzeug der Sicherung kapitalistischer Logistik und Produktion geworden. Zudem ist sie spätestens seit Afghanistan auch ein Instrument der militärischen Absicherung deutscher Machtinteressen. Dies hat sowohl die Militarisierung deutscher Außenpolitik, als auch eine geographische Entgrenzung der Einsatzgebiete der Bundeswehr zur Folge. Derzeit ist die Bundeswehr im Rahmen verschiedener EU-, NATO-, und UN-Einsätze in den Regionen Kosovo, Mittelmeer, Syrien, Irak, Libanon, Afghanistan, Somalia, (Süd-)Sudan, Dschibuti, Marokko und Mali tätig. Die Ursachen für diese Einsätze sind eng an Wirtschaftsinteressen Deutschlands und seiner Bündnispartner gebunden. Statt die konkrete Verbesserung von Lebensbedingungen als Ziel zu haben, wird in den Aufbau von militärischer Repression zur Stabilisierung des Welthandels investiert.
Weltweite kriegerische Auseinandersetzungen fordern internationale Solidarität – mit der kurdischen Bewegung, die es gilt in ihrem Protest zu unterstützen (www.tatortkurdistan.blogsport.de), deren Projekt in Rojava aber auch Vorbild für linke und emanzipatorische Bewegungen in Deutschland sein kann. Das Ausmaß, in dem Deutschland weltweit Krieg führt und die wirtschaftlichen und geopolitischen Interessen, die dabei verfolgt werden, müssen in öffentliche Debatten zurückgetragen werden – um ein Gegengewicht zum Werben der Bundeswehr in Medien und an Schulen herzustellen, regierungspolitische Debatten als neoliberal und militaristisch zu brandmarken und Rüstungsunternehmen, wie Diehl, Heckler und Koch oder Kraus-Maffei Wegmann als Profiteur*innen staatlicher Politik zu markieren.
Europas Grenzen
Eng verbunden mit den Militäreinsätzen europäischer Staaten in Afrika ist die Migrations- und Grenzpolitik der EU, die zunehmend mit militärischen Mitteln operiert. Bis 2014 rettete die Mission „Mare Nostrum“ ca. 130.000 Menschen aus Seenot. An der Folgemission wird nun der Wandel der EU-Grenzpolitik, der Ausbau des Grenzregimes deutlich. Nicht mehr Seenotrettung, sondern der Krieg gegen Schleuser steht im Mittelpunkt der Mission „Sophia“, an der sich deutsche und europäische Kriegsschiffe beteiligen. In der Folge sterben Zehntausende Geflüchtete im zentralen Mittelmeer und während die EU bewusst wegschaut, kriminalisiert sie diejenigen, die aktiv gegen das Sterben vorgehen. NGOs, wie „Jugend rettet“ werden als Helfer von Schlepper*innen medial und politisch diffamiert, ihre Schiffe festgesetzt und Aktivist*innen in Italien verurteilt (www.jugendrettet.org). Gleichzeitig schließt die EU Allianzen mit libyschen Milizen, denen Folter, Missbrauch und Mord an Geflüchteten nachgewiesen wurde und vereinbart dreckige Deals mit der türkischen Regierung. In Zentralafrika finanziert die EU Autokratien, die Fluchtrouten kontrollieren und so verhindern sollen, dass Geflüchtete die Mittelmeerküste erreichen. Europäische Migrationspolitik ist jedoch auch nach innen repressiv und prekarisierend. In Griechenland müssen tausende Geflüchtete auf der Straße leben und auch im „Vorbild Deutschland“ werden die Lebensumstände per Gesetz verschlechtert. Seit Dezember 2016 schiebt Deutschland zudem Geflüchtete nach Afghanistan ab – in ein Land, das in keiner Hinsicht als sicher gelten kann (www.fluechtlingsrat-bayern.de). Die EU-Migrations- und Grenzpolitik baut Europa immer weiter zu einer Festung aus, an deren Mauern jährlich zehntausende sterben. Zugleich forciert sie Abschiebungen in Länder, in denen Krieg herrscht und geht repressiv gegen Geflüchtete vor.
Vor diesem Hintergrund gilt es NGOs zu unterstützen, die im Mittelmeer lebensnotwendige Hilfe leisten. Doch auch gegen Abschiebungen kann vorgegangen werden, wie der Protest an einer Berufsschule in Nürnberg am 31. Mai 2017 gezeigt hat. Mit dem Konzept des Bürgerasyls bietet sich zudem die Chance, auch im Alltag aktiv zu werden (www.buergerasyl.blogsport.de).
Die Wahl der falschen Alternativen
Die Antwort auf Migration wird in der EU nicht zuletzt rassistisch formuliert. Nationalist*innen und Rassist*innen mit Regierungsverantwortung in Polen, Ungarn oder Österreich demontieren demokratische und sozialstaatliche Standards, fördern völkische Bewegungen und sprechen von kultureller Reinheit, die sie mit ihrer Politik verteidigen wollen. Mit der AfD hat sich schließlich auch in Deutschland eine rechte Partei etabliert, die die Sag- und Machbarkeit von Rassismus und Nationalismus weiter ausdehnt, die Deutungshoheit darüber erlangen will, wer deutsch ist und wer nicht und zugleich eine autoritäre Innen-, Migrations- und Sicherheitspolitik vorantreiben will. Dabei schafft es die AfD mit gezielten Provokationen und Tabubrüchen politische Diskurse weiter nach rechts zu verschieben. Während sie so Erfolge erzielt, nutzen etablierte Parteien den sich bietenden Raum, um rassistische Asyl- und Abschiebegesetze und den Ausbau von Überwachung und Repression im Namen der Sicherheit voranzubringen. Der Entwurf des „Bayerischen Polizeiaufgabengesetzes“, der Präventivhaft, Internet-, Telekommunikations- und Demonstrationsüberwachung ohne richterliche Anordnung ermöglichen soll, verdeutlicht den autoritären Ausbau bürgerlicher Herrschaft im Kontext des Rechtsrucks. CSU, AfD, PEGIDA und Co. sind aber nur die Spitze eines rechten Eisbergs, der immer auch gewalttätige und terroristische Züge angenommen hat. Im Frühjahr 2018 endet voraussichtlich der Prozess gegen den NSU vor dem Oberlandesgericht München. Nach ca. 400 Verhandlungstagen wird ein Urteil gesprochen werden, das dem Terror des rechten Netzwerks nicht gerecht werden kann. Die Beschränkung der Anklage auf das Trio Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe und wenige Unterstützer ignoriert die Größe des NSU-Komplex, die Unterstützung des Terrors durch Staat und Neonazi-Szene und lässt eine umfassende Aufarbeitung schlicht nicht zu (www.nsu-watch.info). Besonders eine staatliche Institution, wie der Verfassungsschutz, der, gegründet von Alt-Nazis, über Jahrzehnte nachweisbar rechte Bewegungen und rechten Terror unterstützte, kann nicht zugleich Instrument der Aufklärung sein. Darüber hinaus ließ der Prozess die Thematisierung staatlichen und gesellschaftlichen Rassismus nicht zu. Die Ermordeten, die Verletzten, die Attackierten gerieten durch ihre Migrationsbiografie ins Visier des rassistischen Terrors. Und es waren rassistische Ressentiments bei Polizei und Sicherheitsbehörden, welche die Ermittlungen prägten, es waren rassistische Klischees, die Presseberichterstattung und Öffentlichkeit dazu brachten, die fantastischen Erzählungen von mafiösen und kriminellen Verstrickungen der Betroffenen zu verbreiten. Um Licht ins Dunkel des NSU-Komplex zu bringen, braucht es die Aufarbeitung und Kritik dieses Rassismus in Staat und Gesellschaft, die Abschaffung des Verfassungsschutzes und die lückenlose Aufdeckung und Zerschlagung neonazistischer und rassistischer Strukturen. Es darf kein Schlussstrich unter den Terror des NSU gezogen werden, denn rechter Terror geht weiter gegen Geflüchtete, Migrant*innen und Andersdenkende vor. Ihm muss mit antifaschistischer Aufklärung und dem Widerstand gegen jede Form rechten Denkens und Handelns entgegengetreten werden.
Am Tag der Urteilsverkündung im NSU-Prozess gilt es daher in München unter dem Motto „Kein Schlussstrich“ auf die Straße zu gehen. Die Forderungen sind konkret und weitreichend, betreffen die Aufklärung und Auflösung des NSU-Komplex, die Abschaffung des Verfassungsschutzes und ein konsequentes Vorgehen gegen Rassismus und rechten Terror (www.nsuprozess.net). Doch auch im Alltag bedarf es antirassistischer Haltungen – gegen CSU, AfD, PEGIDA und Co., in der Schule, der Uni, am Arbeitsplatz, der Kneipe und auf der Straße.
Eine Stadt der Freien und Gleichen
Der Ort, an dem Kritik und Widerstand formuliert und gelebt werden müssen ist immer auch die Stadt, die sich im Fall Fürths gerne mit dem Bild der Toleranz und Weltoffenheit schmückt. Die neonazistischen Aufmärsche des mittlerweile verbotenen „Freien Netz Süd“, seiner Nachfolgeorganisation „Der III. Weg“, die unzähligen Anschläge auf Antifaschist*innen, ihr Eigentum und Orte des Gedenkens sprechen jedoch eine andere Sprache und lassen die Fürther Selbstbeschreibung zum, wenn auch hehren Ziel werden. Seit einigen Jahren fallen beim Sprechen über Rassismus auch die Aufmärsche von „PEGIDA Nürnberg“ ins Auge. Neben der AfD ist die rechte „Sekte“ um Michael Stürzenberger und Gernot Tegetmeyer der wohl präsenteste rechte Akteur, der sich in stadtpolitische Debatten einmischen will. Mit der AfD tritt eine Partei auf den Plan, die gezielt auf Politiken der Stadtentwicklung und gestaltung Einfluss nimmt, um damit dem durch sie konstruierten Schreckensbild von Migration, Kriminalität und linkem Mainstream entgegenzuwirken. Eine kritische, öffentliche Debatte muss an dieser Stelle einsetzen und herausstellen, dass die AfD dabei sozialpolitische Forderungen einer rassistischen Logik unterzieht – so geschehen am 1. März im Bundestag, als Martin Sichert (Bundestagsabgeordneter der AfD für den Wahlkreis Nürnberg-Nord) Geflüchtete für Wohnungsnot verantwortlich machte. Doch auch die durch Stadtregierungen angebotene Alternative neoliberaler Stadtentwicklung, die sich als Heilsversprechen gibt, wird soziale Missstände, wie Wohnungsnot und Obdachlosigkeit nicht adäquat lösen können. Mit der Förderung und Umsetzung sogenannter „Leuchtturmprojekte“, wie bspw. dem Ludwig-Erhard-Zentrum will die Stadtregierung Fürth attraktiv machen. Sie tritt damit in den unternehmerischen Wettbewerb der Städte um Prestige, Finanzanlagen, Investitionen und Steuereinnahmen ein und richtet danach alle Bereiche städtischer Politik aus. In der Folge wird sozialer Wohnraum und öffentlicher Raum privatisiert 2 und dieser der kapitalistischen Warenlogik unterzogen. Eine Wohnung, die nicht als Allgemeingut denen zur Verfügung gestellt wird, die darauf angewiesen sind, sondern mit der Absicht Profitraten zu steigern bestmöglich verkauft oder vermietet wird, ist entsprechend nicht in der Lage Wohnungsnot effektiv zu bekämpfen. Wenn sich die Stadt Fürth und ihre Wohnungsbaugenossenschaft nun damit rühmt neue Sozialwohnungen errichtet zu haben, ist dies ein Tropfen auf den heißen Stein – besonders mit Blick auf derzeit 921 3 Menschen, die in Fürth Sozialwohnungen suchen. Doch neoliberale Stadtentwicklung und Wohnungspolitik waren nie alternativlos und sind es auch heute nicht. Ein erster Schritt muss sein, Gesundheit, ÖPNV, Bildung und Kultur kapitalistischer Profitlogik zu entziehen – auch sozialer Wohnungsbau muss sich nicht finanziell „lohnen“. Die Hausbesetzungen der 1960er, 70er und 80er Jahre verweisen zudem auf die Möglichkeit, sich Wohnraum anzueignen und ihn somit wieder zum Gemeingut zu machen. Unter dem Slogan „Recht auf Stadt“ entstehen seit den frühen 2000er Jahren weltweit Bewegungen, die alternative Konzepte von städtischem Leben, Wohnen und Arbeiten entwickeln. Sie kämpfen gegen polizeiliche Diskriminierung, städtische Überwachung, Groß und Prestigeprojekte, Rassismus und Zwangsräumungen und für selbstverwaltetes Wohnen, basisdemokratische Mitbestimmung und feministische Emanzipation.
Die Stadt der Freien und Gleichen ist jedoch nur möglich, wenn kapitalistische Waren und Produktion, Lohnarbeit und Privatbesitz (an Wohnraum) überwunden werden und Rassismus und Sexismus Gesellschaften nicht mehr spalten. Diese Idee einer Stadt für alle bedarf allerdings den organisierten Protest gegen neoliberale Stadtentwicklung und kulturalisierte Spaltungen. Gemeinsam müssen Ideen und Perspektiven entwickelt, Häuser besetzt und Forderungen formuliert werden. Erste Schritt zeichnen sich in den Kämpfen für ein Sozialticket für den ÖPNV, in Protesten gegen städtische Prestigeprojekte, wie dem Ludwig-Erhard-Zentrum und im gemeinsamen Vorgehen gegen Zwangsräumungen ab (www.fuerther-sozialforum.de).
Kapitalismus, Rassismus, Sexismus überwinden
Mit der mittlerweile achten Vorabenddemo zum 1. Mai wollen wir die Verheerungen von Krieg, Krise und Kapitalismus, das Sterben an den europäischen Außengrenzen und den Rassismus in Politik und Gesellschaft im Fürther Kontext thematisieren. Damit verfolgen wir das Ziel, soziale und politische Kämpfe, die um Wohnraum, Lohnarbeit, soziale und kulturelle Teilhabe und gegen rechte und rassistische Bewegungen bereits geführt werden, antikapitalistisch zuzuspitzen. Es gilt, Rassismus präventiv und im Moment der Artikulation anzugreifen, sexistische Äußerungen und die patriarchale Verfasstheit der Gesellschaft zu thematisieren, zu kritisieren und sie im Alltag zu bekämpfen. Unser Ziel muss eine Gesellschaft jenseits kapitalistischer Produktion, Lohnarbeit, Ausbeutung und Repression sein, frei von kulturalisierter, sexueller, biologischer und religiöser Diskriminierung. Für uns ist das eine Perspektive, die wir gemeinsam entwickeln und erkämpfen wollen. Um in diesem Sinne ein Zeichen zu setzen und die (lokal-)politische Wirksamkeit linker und emanzipatorischer Politik zu entfalten, kommt mit uns auf die Vorabenddemo zum 1. Mai – 30. April 2018, um 19.00 Uhr auf der Fürther Freiheit.
1 Bereits 2016 umfasst der Wehretat ca. 34 Mrd. Euro. Damit wird für die Bundeswehr mehr Geld bereitgestellt, als für Bildung und Gesundheit zusammen.
2 Zuletzt durch den designierten bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder mit dem Verkauf der WBG an ein Geflecht internationaler Investoren.
3 Dabei handelt sich um die Zahl derer, die sich offiziell als wohnungssuchend registriert haben. Diese Zahl wird aber durch jene weit übertroffen, die auf bezahlbaren Wohnraum angewiesen sind, aber keinen Zugang dazu haben.