Marcus König von der CSU hat die Oberbürgermeister-Wahl in Nürnberg gewonnen und löst damit Ulrich Maly nach 18 Jahren ab. Für jedes Jahr, das Maly im Amt war, hat die SPD ein Prozentpunkt Wählerstimmen verloren, wie ironisch. An der Spitze der Stadtregierung stehen nun König und die CSU. Die selbstverschuldete Krise der Sozialdemokraten, der schwache Gegenkandidat (Brehm) und das derzeitige Krisenmanagement der Landes-CSU haben diesen Wahlsieg gesichert.
Was bedeutet das für Linke, soziale Bewegungen und Kulturprojekte?
Es sind vermehrt Angriffe von Seiten der CSU im Stadtrat auf Kulturprojekte, soziale Bewegungen und Linke zu befürchten. In den letzten Jahren gab es deutliche Angriffe gegen Orte wie die Desi in St. Johannis, das Projekt 31 in der Südstadt, den Stadtteilladen Schwarze Katze in Gostenhof, den Kunstverein im Z-Bau und den Wagenplatz Kristall Palast in Muggenhof, sowie gegen die gesamte linke Szene in Nürnberg. Immer wieder gibt es Forderungen, dort, wo die Stadt mit Geldern solche Projekte unterstützt, die Förderung einzustellen (z. B. Desi) oder unliebsame autonome Projekte (Schwarzen Katze) mehr in die Mangel zu nehmen und durch Polizeipräsenz einzuschüchtern oder diesen die Mietverträge zu kündigen (Wagenplatz Kristall Palast). Wie es geht, hat der letzte und bisher einzige CSU-OB, Ludwig Scholz (1996-2002), vorgemacht, als unter seiner Führung nach langjährigen Angriffen das selbstverwaltete Kommunikationszentrum (KOMM) geschlossen wurde. Ebenfalls dürften antifaschistische und antikapitalistische Proteste weiteren Angriffen ausgesetzt sein. Die Polizeitaktik könnte sich umfassend ändern und mehr den Vorgaben der Landesregierung und dem Innenminister Herrmann entsprechen. Wie zukünftig die Stadtspitze mit dem revolutionären 1. Mai und dem internationalistischen Straßenfest umgehen wird, ist ungewiss, aber auch hier müssen wir uns auf Angriffe einstellen, ist doch der starke revolutionäre 1. Mai schon seit seiner Entstehung den Konservativen ein Dorn im Auge. Der von der CSU-Führung um Söder in das Amt des Polizeipräsidenten von Mittelfranken gesetzte Roman Fertinger hat diesbezüglich mehr als eindeutige Drohungen ausgesprochen.
Ein CSU-Oberbürgermeister bedeutet auch, dass die Landesregierung unter Führung des aus Nürnberg stammenden Ministerpräsidenten Markus Söder weitere Zugriffsmöglichkeiten auf die direkte Ausgestaltung der Stadtpolitik nutzen wird. Das heißt auch weiterhin mehr Möglichkeiten für ImmobilienspekulantInnen, mehr Prestigeprojekte, mehr Hetze gegen Geflüchtete und MigrantInnen und mehr Polizeistaat. Außerdem ist mit einer CSU-regierten Stadt mit finanziellen Kürzungen zu rechnen – vor allem im sozialen Bereich. (u. a. auch wegen der derzeitigen Coronakrise). Geflüchtete dürften einen Richtungswechsel deutlich zu spüren bekommen, jetzt wo mit der CSU jene Partei an der Spitze der Stadt sitzt, die sich besonders deutlich für eine rassistische Abschiebe- und Internierungspolitik einsetzt. Schon von der SPD wurden Ankerzentren und der Abschiebeflughafen Nürnberg geduldet und mitgetragen. Soziale Probleme und politische Widerstände dürften noch mehr mit dem Polizeiknüppel beantwortet werden.
Inwiefern aber sich unsere Prognosen bewahrheiten, wird neben den Kämpfen, die wir führen werden, auch am weiteren Kräfteverhältnis im Rathaus liegen. (Welche Behörden bleiben beim sozialdemokratischen Kurs? Welche Rolle werden Grüne und SPD im Stadtrat spielen?) Selbstverständlich wird die SPD auch weiterhin mit der CSU regieren (so viele Differenzen gibt es da nicht), auch wenn diese nun die Zügel in der Hand hat. Ob es wieder eine Koalition mit den Grünen geben wird, ist noch unklar, aber auch die sind unbedingt gewillt in der Stadtregierung zu sitzen und jede Schweinerei mitzutragen.
Nichtsdestotrotz gilt es für uns, auf Angriffe eingestellt zu sein und diese geschlossen abzuwehren und alle Errungenschaften zu verteidigen, die in dieser Stadt über Jahrzehnte erkämpft wurden. Wir werden kein Mehr an neoliberalen Maßnahmen, Prestigeprojekten, sozialen Angriffen von Oben, Spekulation mit unserem Wohnraum oder Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen dulden. Wir müssen gemeinsam Stärke zeigen und mit denjenigen kämpfen, welche die kapitalistischen Parteien dem Elend zum Fraß vorwerfen. Das heißt, ungebrochen Solidarität aufzubauen mit Obdach- und Arbeitslosen, Geflüchteten, ArbeiterInnn, Frauen und MigrantInnen und den von ihnen geführten Kämpfen.
Gemeinsam gegen die Stadt der Reichen und Cops! Für ein solidarisches Nürnberg kämpfen!
Kein Fußbreit den Rassisten, Arbeiter- und Frauenfeinden!